Anmerkungen zur Reichtumsdebatte

Vor 57 Jahren startete mit dem Musical „Fiddler on the roof“ ein legendäres Stück seine internationale Karriere: „If I were a rich man“. Die Musical-Hauptfigur Tevye sang diesen Song der Sehnsucht und zahlreiche Interpreten folgten, Chaim Topol stand 1967 mit seiner Film-Version des Liedes 20 Wochen in den englischen Top-10-Charts. Der Text ist ungefähr so, wie ein typisches Familienspiel: „Was würdest du machen, wenn du im Lotto gewinnst?“
Der Traum vom Reichtum ist höchst lebendig: Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach spielen rund 7,3 Millionen Bundesbürger regelmäßig Lotto oder Toto, weit über 21 Millionen spielen immerhin gelegentlich. Warum spielen sie, wenn sie nicht vom Reichtum träumen?
Tausende von Startups werkeln in Deutschland für den großen Traum. „Wer reich werden will, muss Unternehmer werden“, so Thomas Rüschen vom Family Office Deutsche Oppenheim vor einiger Zeit in der Sonntags-FAZ.
Diese Realität steht irgendwie so ganz im Gegensatz zu der aktuellen politischen Diskussion, in der die Reichen immer die Bösen sind. Dabei wird jede Woche ein Deutscher Lotto-Millionär. Manche gewinnen sogar den Jackpot und sacken 20 oder 30 Millionen Euro ein. Steuerfrei wohlgemerkt. Das muss wohl mit dem Lotto-Monopol der Bundesländer zusammenhängen, die sich mit ihren Lottogesellschaften sprudelnde Einnahmen sichern.
Ich gönne den Reichen und auch den Superreichen ihren Reichtum, natürlich nur, sofern er nicht durch kriminelle Machenschaften entstanden ist. Viele tun Gutes mit ihren Stiftungen – Beispiel Bertelsmann. Der Bau ihrer Luxusyachten – Beispiel Schrauben-Würth – schafft Arbeitsplätze. Ihre unternehmerischen Beteiligungen – Beispiel Frank Thelen – helfen neue Unternehmen zu gründen oder erfolgreichen Unternehmen eine Zukunftsperspektive zu geben. Superreiche können superleicht ihren Wohnsitz ins Ausland verlagern. Ich plädiere dafür, sie hier zu behalten.
SPD, Linke und Grüne wollen die hohen Einkommen stärker besteuern und die Einnahmen umverteilen. Der Spitzensteuersatz trifft dann schon Beschäftigte, die das dreifache des durchnittlichen Gehaltes verdienen. 1965 musste man das 18fache dafür verdienen. Das Thema „Soziale Gerechtigkeit“ steht in den Umfragen auf der Themenliste ganz oben. Das soll nun von einer linken Mehrheit mit Steuererhöhungen und Geschenken kompensiert werden. Die in den Wahlprogrammen propagierte Steuerbelastung beim Einkommen hat das Handelsblatt auf Basis von Berechnungen des ZEW-Institutes sehr übersichtlich dargestellt: https://bit.ly/3nMPMW7 Für mich sind Steuererhöhungen gerade jetzt die dümmste Politik, die man machen kann. Die Corona-Krise hat zahlreiche Unternehen hart getroffen, Die Energiewende bringt hohe Stromkosten und die Umstellung ganzer Industriezweige will erst einmal verkraftet werden.
Rund 50 Prozent der deutschen Bevölkerung leben nicht von einem Arbeitseinkommen, sondern von Renten und Transferleistungen. Die andere Hälfte zahlt Lohn- und Einkommensteuer. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer, die alle bezahlen. Die Renten werden aus Steuermitteln mit etwa 100 Milliarden Euro jährlich bezuschusst, die restlichen Transfers werden im wesentlichen durch den Steuerzahler finanziert. Mit seinen Steuern und Abgaben nimmt Deutschland in Europa schon jetzt einen Spitzenplatz ein.
Soziale Gerechtigkeit – wer wäre nicht dafür? Aber was genau ist das? Bei Wikipedia heißt es: „Was genau Inhalt und Maßstab dieser Form von Gerechtigkeit sei, ist aber seit jeher umstritten und vielschichtig.“ Man kann den Begriff umfassend deuten, etwa durch Einbeziehung von Bildungsgerechtigkeit, oder verteilungspolitisch verwenden: Denen, die viel haben, nimmt man etwas weg und gibt es denen, die wenig haben. Das ist die Grundposition von SPD, Grünen und Linken. Dass wir mit unserer Sozialen Marktwirtschaft einen funktionierenden, steuer- und beitragsfinanzierten Sozialstaat haben, ist weitaus mehr als die jetzt diskutierte Umverteilung. Den Sozialstaat muss man sich leisten können. Wer Steuer- und Beitragszahler immer mehr schröpft, überschreitet irgendwann eine rote Linie. Das bedeutet nicht, dass man tatenlos zusehen muss, wie die Mieten immer weiter steigen. Statt zu enteignen, muss man Wohneigentum mit Phantasie fördern. Eigentümer sind am besten geschützt vor steigenden Mieten. In der Schweiz kann man sich z.B. aus seiner späteren Rente ein Haus finanzieren. Rainer Hank beschreibt heute in der FAS, wie Singapur eine Wohneigentumsquote von 80 Prozent erreicht hat und was man davon lernen kann.
Ich will hier nicht die Details der Besteuerung nachbeten. Dass eine Vermögensteuer die Substanz von Familienunternehmen angreift und auch bei Verlusten gezahlt werden müsste, ist hinlänglich bekannt. So enteignet man Unternehmer.
Dass für die Mehrheit der Bevölkerung Reichtum schon bei einem Vermögen von 500.000 bis 1 Million beginnt, zeigt den Unsinn der Reichtumsdebatte. Über die Hälfte der Deutschen besitzen ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung. 500.000 Euro sind da schnell erreicht.
Mal ehrlich: Was wäre, wenn es keinen Reichtum gäbe? Wir könnten nicht mehr von Reichtum träumen, hätten nichts mehr zu schreiben über die ganze Glitzerwelt der Stars und ihrer Entertainment-Industrie. Es wäre eine graue Welt – ohne Luxusautos, ohne Luxushäuser, ohne Luxusyachten, ohne Luxusmarken und vor allem: Eine Welt ohne erfolgreiche Unternehmer.
Zum Glück kann man den Reichtum nicht abschaffen. Ebensowenig wie den Traum „If I were a rich man“.