Bitte keine Große Koalition!

Am Sonntag dürfte es ein so knappes Wahlergebnis geben, dass ein ganzer Strauß von Koalitionen denkbar ist. Am Ende könnte es gar zu einer erneuten Große Koalition kommen, wenn andere Mehrheiten so knapp wären, dass sie das Regieren erschwerten. Und das wäre fatal.

Große Koalitionen hat es in Deutschland oft gegeben: 1966 bis 1969 unter Kurt-Georg Kiesinger und seinem damaligen Vizekanzler Willy Brandt. In dieser Zeit wurde Große Koalition als Verhinderer von notwendigen Reformen wahrgenommen, was zu einer starken außerparlamentarischen Opposition und großen Demonstrationen führte. 2005 bis 2009 und 2013 bis heute folgten dann weitere Große Koalitionen, unterbrochen lediglich einmal durch die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder. In den Ländern hatte es ebenfalls zahlreiche Große Koalitionen gegeben,

Warum sind Große Koalitionen nicht gut für unser Land? Und warum gibt es keine Große Koalition zwischen Labour und Conservatives? Oder eine Große Koalition zwischen Demokraten und Republikanern in den USA?

Große Koalitionen verhindern Richtungsentscheidungen. Sie vermischen eigentliche Gegensätze zu einem gemeinsamen Brei. Unter Angela Merkel sozialdemokratisierte sich die CDU und das Profil der SPD verschwamm so stark, dass Olaf Scholz in seinem Wahlkampf Habitus und Politikstil der Kanzlerin übernommen hat, was die eigentlichen Ziele einer Saskia Eskens oder eines Kevin Kühnert übertüncht. Die CDU versucht daraus im Endspurt eine Richtungsentscheidung „Wir oder rot-rot-grün“ zu machen, was aber nicht gelingt, weil die vielen Jahre in der Großen Koalition die Unterschiede zwischen CDU und SPD zerrieben haben. Wenn sich Wählerinnen und Wähler für eine der beiden großen Parteien entscheiden, entscheiden sie sich für eine von zwei gegensätzlichen Richtungen. Oder glauben das zumindest. Hinterher wundern sie sich dann, dass aus zwei Richtungen plötzlich eine wird.

Eine Große Koalition vermischt und verschleiert Gegensätze. Eine Demokratie braucht jedoch Polarisierung im Wettbewerb um die richtigen Strategien für die Zukunft. Eine Große Koalition ist wie ein Kartell in einem Oligopol, über das ein Kartellamt wacht, um Preisabsprachen und Monopolstrukturen zu verhindern. Ein politisches Kartell ist ebenso schädlich. Statt politischer Innovationen dominieren Kompromisse, bei denen sich Minister mit immer höheren Ausgaben profilieren, die eine schwache Opposition wiederum nicht verhindern kann. Es verhindert wie in der Wirtschaft Innovationen. Die vielbeschworene Digitalisierung ist das beste Beispiel dafür. So wird es auch mit der Klimapolitik gehen. Eine Große Koalition wird vermutlich auch in diesem allerwichtigsten Politikfeld eine Politik der Kompromisse bevorzugen, in der Regel unterstützt von den Ländern, die im Bundesrat meist von einer der beiden Parteien regiert werden.  Ob es ohne die Grünen dann ausreicht, die Klimaziele zu erreichen, ist zu bezweifeln. 

Veröffentlicht von Ralf-Dieter Brunowsky

I am a Journalist, publisher and PR-Consultant homepage: www.brunowsky.com Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Ralf-Dieter_Brunowsky Blog: www.brunowsky.de (with bad but readable google-translation in most languages) ABOUT THE FOUNDER: 2002 till today: Publisher and PR Consultant, best connected to Germany´s financial and business media. Building up credibility, Branding, Reputation PR, Crisis communication, Media relations, 1991 to 2001 Editor in Chief of Germany´s leading financial magazine CAPITAL (monthly). 1989 to 1991 managing editor of entrepreneur magazine IMPULSE (monthly). 1980 to 1989 correspondent and managing editor of Germanys WIRTSCHAFTSWOCHE (weekly) 1977 to 1979 political editor of newspaper Berliner Morgenpost 1975-1977 managing director of a local retail organisation in Berlin 1969 to 1975 Technische Universität Berlin (Diplom-Volkswirt) 1968 to 1969 German Navy (Bundesmarine)

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