Und täglich grüßen die schlechten Nachrichten

Von Ralf-Dieter Brunowsky

Wenn wir morgens aufstehen, lesen oder hören wir, noch bevor der erste Kaffee getrunken ist, als erstes die neuesten schlechten Nachrichten über Corona. Und das seit zwei Jahren Tag für Tag. Es ist eine Art Folter, als ob uns permanent Wasser auf den Kopf tropft. Corona ist schlimm genug, aber was macht der tägliche Corona-Schreck-Konsum eigentlich mit uns? Und das tägliche „Rein in die Kartoffeln und raus aus den Kartoffeln“ in der Politik? Ich glaube, danach hat bislang noch niemand gefragt. Ich glaube, das Ergebnis dieser medialen Dauerfolter ist ein Abstumpfungseffekt. Man gewöhnt sich an die schlechten Nachrichten, sie gehen durchs eine Ohr rein, durchs andere raus. Sie erschrecken uns nicht mehr. Gestern über 200.000 Neuinfektionen an einem Tag, vor einem Jahr waren es ein paar tausend, und die Aufregung darüber war zehnmal so groß. Die Abstumpfung hat vor allem einen schlimmen Effekt: „Impfen hilft“, wie der Slogan der neuen Kampagne der Bundesregierung heißt,  erreicht die Ungeimpften nicht mehr. Es gehört wenig Phantasie dazu, das vorauszusagen. Am Ende bleibt Orientierungslosigkeit, Gleichgültigkeit und Desinteresse.

Neben der Corona-Dauerkrise kommt ein zweiter Dauerbrenner mit jeder Tagesschau täglich ins Haus: Die täglich neu beschriebene Bedrohung der Ukraine durch den Aufmarsch russischer Truppen. Der ganze Westen warnt, droht mit Sanktionen, Annalena Baerbock warnt auch, nur der deutsche Bundeskanzler zeigt sich zögerlich. Dafür hat sich der Chef der deutschen Marine in Indien aus dem Fenster gehängt und Putin nur die besten Absichten unterstellt, der wolle nämlich nur Respekt, und den verdiene er auch. Dafür musste er in den sofortigen Ruhestand, obwohl so mancher in der SPD, insbesondere Kevin Kühnert, Gerhard Schröder sowieso, Rolf Mützenich und vielleicht auch der Bundeskanzler das ganz ähnlich sehen dürften.

Das Hü und Hott erleben wir auch bei diesem Thema. Wir stumpfen ab. Der Preis für einen russischen Einmarsch werde hoch sein, versichern alle westlichen Regierungen. Doch Friedrich Merz hat erst einmal mit drastischen Worten davor gewarnt, Russland von dem internationalen Zahlungssystem Swift auszuschließen. Stattdessen ist die noch unvollendete Gas-Pipeline Nordstream im Gespräch. Wenn die einem Moratorium unterliegt, werde es Russland richtig wehtun, wird suggeriert. Gasreserven hätte Deutschland ja noch genug, hieß es noch vor kurzem. Jetzt wird gemeldet, dass diese Reserven nur noch 40% der Speicherkapazitäten füllen und dass die Warnlampen angehen müssen. Schließlich soll Gas ja als nachhaltige Übergangstechnologie genutzt werden. Oh Schreck, so schnell können Windräder und Solaranlagen gar nicht gebaut werden, wenn die Gaslieferungen aus Russland ausfallen. Den hohen Preis zahlen dann nicht nur die Russen, sondern auch die Deutschen, womöglich einen noch höheren. Jetzt sollen staatliche Gasreserven aufgebaut werden, na mal sehn, ob überhaupt und wenn ja, wann das klappt. Vielleicht hat Russland bis dahin schon die Ukraine verschluckt, mag sich mancher denken. Die täglichen Warnmeldungen verlieren hierzulande immer mehr ihren Schrecken. Wir stumpfen gegen Kriegsgefahren ab. Afghanistan war so weit weg. Mali auch. Und die Ukraine? Vielleicht auch. Es ist gefährlich, wenn Warnungen nicht mehr ernst genommen werden, weil wir Wiederholungen ohne Konsequenzen nicht mehr hören wollen.

Aber was gibt es für Alternativen? Sollen die Medien nicht mehr berichten? Natürlich sollen sie weiter berichten, aber vielleicht muss es nicht jeden Tag die Seite 1 sein, vielleicht müssen ARD und ZDF nicht jeden zweiten Tag ein „Spezial“ zu diesen beiden Themen zusammenbasteln, vielleicht können sich die Talkshows auch mal mit anderen Themen befassen? 

Veröffentlicht von Ralf-Dieter Brunowsky

I am a Journalist, publisher and PR-Consultant homepage: www.brunowsky.com Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Ralf-Dieter_Brunowsky Blog: www.brunowsky.de (with bad but readable google-translation in most languages) ABOUT THE FOUNDER: 2002 till today: Publisher and PR Consultant, best connected to Germany´s financial and business media. Building up credibility, Branding, Reputation PR, Crisis communication, Media relations, 1991 to 2001 Editor in Chief of Germany´s leading financial magazine CAPITAL (monthly). 1989 to 1991 managing editor of entrepreneur magazine IMPULSE (monthly). 1980 to 1989 correspondent and managing editor of Germanys WIRTSCHAFTSWOCHE (weekly) 1977 to 1979 political editor of newspaper Berliner Morgenpost 1975-1977 managing director of a local retail organisation in Berlin 1969 to 1975 Technische Universität Berlin (Diplom-Volkswirt) 1968 to 1969 German Navy (Bundesmarine)

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